Ann-Katrin Heimer:
Paul Hindemiths Klavierlieder aus den dreißiger Jahren.
Quellen – Entstehungsgeschichte – Analysen



Zusammenfassung



Rezensionen




Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung
Die Quellen

Die Entstehung der Lieder – Biographischer Zusammenhang
   Die Lieder von 1933
   Hindemiths Situation in der Zeit von 1933 bis 1935
   Die Lieder von 1935
   Die Lieder von 1936
   Hindemiths Situation in der Zeit von 1936 bis 1939
   Die Lieder von 1939
   Zur Frage der »Inneren Emigration«

Hindemiths Verhältnis zur Literatur und seine Textwahl
   Hindemiths Verhältnis zur Literatur im Spiegel der Kritik
   Zur Entwicklung der literarischen Interessen Hindemiths
   Hindemiths Kriterien für zu vertonende Texte
   Rhythmisch-metrische Aspekte der Textwahl
   Inhaltliche Aspekte der Textwahl
   Von Hindemith benutzte Textausgaben
   Textänderungen

Lieder nach Matthias Claudius
Lieder nach Friedrich Rückert
Lieder nach Novalis
Lieder nach Wilhelm Busch
Lieder nach Friedrich Hölderlin
Lieder nach Angelus Silesius
Lieder nach Clemens Brentano
Gottfried Keller: Das Köhlerweib ist trunken – Eine Verknüpfung von Lied und Sonate
Die Lieder aus dem Jahr 1939

Zusammenfassung
Quellenkritischer Anhang
Literatur
Nachweise

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Zusammenfassung des Inhalts

Paul Hindemith wird auch heute noch vorwiegend als Instrumentalkomponist wahrgenommen und geschätzt, während das nicht minder umfangreiche und für seine kompositorische Entwicklung wichtige Vokalschaffen kaum Beachtung findet. Die Gründe für diese einseitige Betrachtungsweise waren bisher zum einen in der schlechten Quellenlage zu suchen – die meisten Klavierlieder sind noch unveröffentlicht –, zum anderen in dem Verdikt Theodor W. Adornos, der über Hindemith urteilte, dieser habe mit seiner vermeintlich unkritischen Textwahl lediglich »Bildungsgüter angehortet«, anstatt danach gestrebt, »geistige Kontinuität zu erlangen«. Ann-Katrin Heimer gelingt es mit ihrem Buch, für die in den dreißiger Jahren entstandenen Lieder sowohl die Lücken in der Quellenlage zu schließen als auch Vorurteile hinsichtlich der vertonten Texte zu entkräften.

Grundlage der Arbeit bildet ein ausführliches Quellenverzeichnis, das um so wichtiger erscheint, als ein wissenschaftliches Werkverzeichnis Hindemiths noch aussteht und nicht alle Lieder aus den dreißiger Jahren im Autograph erhalten sind. Des weiteren setzt sich die Autorin intensiv mit der Frage der Textwahl auseinander, wobei sie nachweisen kann, daß der Komponist die literarischen Vorlagen nicht wahllos vertonte, sondern von konkreten sprachimmanenten Überlegungen ausging. Untersucht werden sowohl rhythmisch-metrische Kriterien als auch inhaltliche Aspekte der Textwahl. Auch die von Hindemith benutzten Textausgaben und seine Textänderungen erweisen sich als äußerst aufschlußreich.

Mit der Beschränkung des zeitlichen Rahmens auf die Klavierlieder der dreißiger Jahre tritt zwangsläufig ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu: Paul Hindemiths Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus. Hier gelingt es Ann-Katrin Heimer, das Bild eines Komponisten zu zeichnen, der sich auf einer schwierigen Gratwanderung zwischen Anpassung und Widerstand bewähren mußte. Die Autorin stellt die Entstehung der Lieder im biographischen Zusammenhang dar und schafft damit die Grundlage für eine sachgerechte Auseinandersetzung und Interpretation.

Im Mittelpunkt des Buches steht die analytische Betrachtung der Klavierlieder. Zahlreiche Notenbeispiele und erstmalige Faksimile-Abdrucke bisher unveröffentlichter Werke veranschaulichen den für Paul Hindemiths Schaffen teilweise erstaunlich mühevollen Weg von den ersten Skizzen bis zur fertigen Lied-Komposition. Darüber hinaus legt die Arbeit eine bisher unbekannte Verbindung zu den Sonaten dieser Zeit offen, die neue Rückschlüsse auf das Instrumentalschaffen des Komponisten zuläßt.

Mit seiner Fülle von Aspekten und Informationen ist das Buch nicht nur Sängern und Sängerinnen sowie Liedbegleitern und -begleiterinnen zu empfehlen, sondern auch allen, die sich dem Schaffen Paul Hindemiths von einer neuen Seite nähern möchten.

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Rezensionen

Österreichische Musikzeitschrift 7–8/1999      Paul Hindemith hat in den Jahren 1933–1939, neben den Hauptwerken von der Oper Mathis der Maler bis zum Violinkonzert, zu denen neben der beginnenden Reihe der Sonaten verschiedener Besetzung auch die Unterweisung im Tonsatz (nebst der zugehörigen ersten Umarbeitungen einzelner Lieder des Marienleben) gehören, mehrere Gruppen von Liedern nach bestimmten deutschen Dichtern (politisch korrekt: »deutschsprachigen Dichtern«), sowie einige Einzellieder komponiert. Diese hat er weder selbst veröffentlicht, noch – mit Ausnahme von vier Hölderlin-Liedern – öffentlich aufgeführt. Es sind eben Nebenwerke, die der Komponist größtenteils nicht einmal in eines seiner penibel geführten Werkverzeichnisse eingetragen hat. Von einigen ist sogar die Reinschrift verloren gegangen, aber von den meisten haben sich wenigstens Skizzen und Entwürfe erhalten. Gleichwohl verdient der überlieferte Bestand die Beachtung, die er in der musterhaften, von Peter Cahn betreuten Dissertation (MHS Frankfurt/M) gefunden hat. Die handschriftlichen Quellen, sowie auch die Überlieferung jedes Liedes werden vorgestellt, in den zentralen Kapiteln wird die Beziehung Hindemiths zu den verschiedenen Dichtern (Claudius, Rückert, Hölderlin, Novalis, Busch, Silesius, Brentano, Keller und Nietzsche) dargelegt und schließlich jedes einzelne Lied unter Einbeziehung der Skizzen sorgfältig analysiert und besprochen. Der Dokumentation kommt Bedeutung zu, als mit dem Erscheinen des entsprechenden Bandes der Gesamtausgabe vorerst nicht zu rechnen ist. (Als Ausgabe für die musikalische Praxis liegt nur ein posthum erschienenes Heft mit sechs Hölderlin-Liedern vor.)

Mehr als die Hälfte der Lieder entstand in dem schicksalhaften Jahr 1933, und so entsteht hinreichend Veranlassung, die Bedeutung der Textwahl unter den gegebenen äußeren Umständen zu erörtern. Dabei werden manche zeitgeschichtlich aufschlußreiche Einzelheiten, etwa die Bedeutung der immerhin bemerkenswerten Veröffentlichung eines Rückertliedes in der Zeitschrift für Musik als Beilage zum Juniheft 1933, ins Licht gerückt. Aber das Musikalische steht doch ganz im Zentrum der vornehmlich analytisch gerichteten Arbeit. Der Blick reicht jedoch auch weiter. So ist gelegentlich von »fast Brucknerischen Zügen« (S. 78) die Rede, und im Zusammenhang mit Hölderlins Dichtung wird festgestellt, daß diese auch musikalisch einen »gehobenen Stil« (S. 112 u.ff.) erfordere. Bemerkenswert ist ferner die Vermutung einer Überwindung der »Grenze zwischen Lied und Instrumentalmusik« (S. 204). Hier wären freilich nähere Bestimmungen des Liedhaften und des Instrumentalen in seiner für Hindemith charakteristischen Eigenart erwünscht und möglich.

Die förderliche Dissertation von Ann-Katrin Heimer wurde vom Verlag in geschmackvoller Typographie (…) auf schönem und gutem Papier (…) als Buch gedruckt und insgesamt in anzuerkennender Weise vorbildlich ausgestattet. Es ist ein Vergnügen, es in der Hand zu halten und zu lesen.
Rudolf Stephan

 

Die Musikforschung 52, Heft 3, 1999      Die Frankfurter Dissertation von 1996/97 erschließt ein bislang wenig bekanntes Feld von Hindemiths Schaffen. Von den 33 (einschließlich zweier Doppelfassungen) Liedern aus den Jahren 1933–1939 sind allein die sechs nach Gedichten von Friedrich Hölderlin posthum gedruckt, und »Das Ganze und das Einzelne« von Friedrich Rückert wurde im Juniheft der Zeitschrift für Musik veröffentlicht. Alle anderen existieren nur im Autograph; bei einigen sind sogar nur noch Skizzen aufzuspüren. (…)

Ann-Katrin Heimer bietet ausführliche Angaben zur Entstehung der einzelnen Lieder, zu Art und Umfang der vorhandenen Quellen und Beschreibungen der musikalischen Anlage. Dies wird durch reichliche Notenbeispiele, mehrfach Faksimilia von Hindemiths Aufzeichnungen, illustriert, so daß man den Ausführungen gut folgen und eigene Überlegungen anspinnen kann. Einen Schwerpunkt bildet die Betrachtung der Hölderlin-Lieder, und bei dem Lied »Das Köhlerweib ist trunken« nach Keller weist Heimer auf die Beziehungen zur 1941 entstandenen Sonate für Englischhorn hin, über die sie im Hindemith-Jahrbuch 24/1995 gehandelt hat. Allgemeine Überlegungen zu Hindemiths Situation in den 30er Jahren und über seine – gegen den oberflächlichen Anschein sehr intensive – Befassung mit der Dichtung runden das nützliche und gut lesbare Buch ab.
Andreas Traub

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