Claudia Maurer Zenck:
Cosi fan tutte. Dramma giocoso und deutsches Singspiel.
Frühe Abschriften und frühe Aufführungen



Zusammenfassung



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Inhaltsverzeichnis

 

Vorwort
Einleitung

I: Die bekannten Cosi-Abschriften B, C, E und F und ihre unterschiedlichen Zwecke

1. Die »Direktionspartitur« B (Wien) mit Mozarts Strichen?
    a. tosco versus tossico (Nr. 18, T. 461-476)
    b. Ferrandos »lange« Arien (Nr. 24 und Nr. 17)
    c. Instrumental- versus Vokalmusik (Duetto con coro Nr. 21 und Coro Nr. 8)
    d. Die »trivialen« Striche in der Ouvertüre
2. Die Abschrift C (London): »reine« Fassung und Werbung
3. Die Abschrift E (Florenz): Auftrag eines musikliebenden Großherzogs
4. Die Abschrift F (Berlin) für einen Liebhaber und Sammler

 

II: Dresden 1791: Zwei Abschriften und die Aufführung in der Hofoper

1. Die Abschrift D
2. Die Abschrift Dd, der Librettodruck und die gekürzten Aufführungen der Oper in Dresden im Herbst 1791
    a. Die zahlreichen Striche
    b. Erforderliche Anpassungen
    c. Gründe für die Kürzungen
    d. Inhaltliche und kompositorische Folgen der Striche
3. Die Beziehung zwischen D und Dd
4. Änderungen im letzten Moment oder aus späterer Zeit?

 

III: Prag 1791: Mozarts Oper in zwei Theatern. Italienische und deutsche Quellen

1. Cosi fan tutte in Prag im Herbst 1791
2. Eine machts wie die andere oder Die Schule der Liebhaber 1791 (?)
3. Die Beziehung zwischen dem Prager und dem Donaueschinger Libretto
4. Der deutsche Prager Librettodruck (1791?) und die Augsburger Version (1794)
    a. Finale 1: Überlegungen zur Niederschrift des deutschen Textes
    b. Das Duett Nr. 4
    c. Regieanweisungen
    d. Eigenarten der Singspiel-Aufführungen in Prag und Augsburg

 

IV: Nanette Fuchsbalg im Donaueschinger Hoftheater (Eine machts wie die Andere 1791)

1. Die beiden Libretti
2. Die Abschrift Don und ihre Vorlage
3. Die Abschrift Don und die Aufführungen
    a. Vokale und instrumentale Einlagen
        Exkurs: Die Berufsbezeichnungen
    b. Verzierungen
        Ausgezierte Fermaten in den Arien Nr. 17, 24, 14 und 25
        Dminution in den Arien und im Duett Nr. 29
        Die Komposition verändernde Ornamente
        Verzierung in Wiederholungen
        Exkurs: Eine ornamentierte Arie aus dem Figaro, Hamburg 1808 (?)
    c. Bühnenbild und Regie im Donaueschinger Hoftheater
    d. Die Personencharakteristik
        Nannchen
        Isabelle und Dorchen
        Guilelmo (und Ferrando)
        Don Alfonso
    e. Das Finale in Prag und Donaueschingen

 

V: Sieben Personen singen in Frankfurt: So machen's alle 1791

1. Das erweiterte Frankfurter Ensemble
2. Die Abschrift FfM, die Stimmen und das Papier
3. Mozarts Aufenthalt in Frankfurt
4. Zwei Thesen zum Autograph der Nr. 30
5. Ein Bezug zwischen der Abschrift FfM und der Prager Singspielabschrift?

 

VI: Von der Weibertreue zur Wette: Hamburg 1796/97

1. Cosi fan tutte in Hamburg und die Abschrift HH
    a. Schröder und Mozart
    b. Das Hamburger Aufführungsmaterial
2. Die Herkunft der Abschrift HH
    a. Die früheste deutsche Textschicht und ihre Vorlage
    b. Die Beziehungen der Abschrift HH zum Rhein/Main-Gebiet
    c. Fazit: Die Mannheimer Abschrift HH
3. Die Textvorlage der ersten Hamburger Aufführungen: Weibertreue
    a. Bretzners Libretto (1794) und der Text im Leipziger Klavierauszug (1794/95)
    b. Die gesungene Hamburger Textfassung
4. Das Wette-Libretto der zweiten Hamburger Aufführungsserie (1796/97)
    a. Aufführungszahlen und Resonanz
        Exkurs: Die Einnahmen von Singspiel-Aufführungen
    b. Wer war der Autor des Wette-Librettos?
    c. Die dreiaktige Wette
5. Weitere Bearbeitungen des Librettos
    a. Veränderungen im Herbst 1796 und Frühjahr 1797 (?)
    b. 1807 und 1812
    c. Die konzertante Aufführung von 1798: Cosi fan tutte
        Exkurs: Die Rollenverteilung in konzertanten Mozart-Aufführungen
6. Das Singspiel auf der Hamburger Bühne
    a. Die Besetzung der frühesten Aufführungen 1796/97
    b. Orchester und Chor
        Exkurs: Die instrumentale Besetzung des Duetts Nr. 4
    c. Das Theater am Gänsemarkt
    d. Bühnenausstattung
    e. Kostüme

 

VII: Die unbekannte Abschrift Cam

1. Die Partitur
2. Die Dependenz von Cam
    a. Die Disposition der Vorlage
    b. Fehler
    c. Spätere Striche und Kürzungen
    d. Mozarts homophoner Ersatz des Kanons im 2. Finale
3. Besonderheiten der Abschrift Cam
    a. Notiz vor der Nr. 30
    b. Rezitativische Revisionsversuche in Cam und Dd (II/8 und I/11)

 

VIII: Weitere Striche in den frühen Abschriften und ihre Folgen für die Interpretation des Sujets

1. Mozarts Striche in zwei Nummern
    a. Noch einmal tosco versus tossico (Nr. 18, T. 461-476)
    b. Die Datierung von C und das Problem der gestrichenen Einleitung zum Soldatenchor
2. Striche in den Rezitativen der »italienischen« Abschriften
    a. Gespräch der Frauen über ihre neue Lage (II/2)
    b. Gespräch der Männer über die Frauen (II/ 13)
    c. Letztes Gespräch der Frauen über die Frauen (II/10)
3. Gekürzte Anzüglichkeiten (I)
    a. Die freche Despina (I/10)
        Exkurs: Das Metrum im secco-Rezitativ
    b. Erstes Gespräch der Frauen über die Frauen (I/9)
4. Die Aufführungen im Januar/Februar und im Sommer 1790 in Wien
5. Gekürzte Anzüglichkeiten (II)
    a. Zweites Gespräch der Frauen über die Frauen (II/1)
        Exkurs: »Cavatina di/Despina« und »Segue l'aria di Despinetta« im Autograph und zwei Thesen
6. Ein Problem im I. Finale : Strich im Autograph, Kürzung in E und Cam

 

IX: »Ach wir alle sind von Flandern«. Die frühe Rezeption des Werkes in Deutschland

1. Die ersten Aufführungen des dramma giocoso und des Singspiels
    a. Thesen zur frühen Aufführungsgeschichte
    b. Die soziogeographische Zusammensetzung des Publikums
    c. Spielplangestaltung und Publikum
        Exkurs: Das Publikum im Burgtheater
2. Das Theater als bürgerliche Sittenschule
    a. Kotzebues »unmoralische« Dramen
    b. Die Moral der Cosi-Singspielfassungen
    c. Die Schlußmoral der Oper und die Lehre fürs deutsche Publikum
3. Schröders Sittenschule und das Musiktheater
    a. »Sittlichkeit« im Theater
    b. Die ästhetische Position des Musiktheaters in Hamburg
    c. Mozarts Singspiel - empfindsam?
4. Der Burgtheater-Spielplan und die Rezeption von Cosi in Wien
5. Die Chronologie der deutschen Bearbeitungen
6. Cosi fan tutte, die Treue der Frauen und das Verhältnis der Geschlechter
    a. Die Symmetrie der Konstruktion (I)
    b. Die erotische Selbstdarstellung der Männer: Alfonso
    c. Die erotische Deutlichkeit der Damen
        Exkurs: Die komische Rolle des vermeintlichen Notars
    d. Die Symmetrie der Konstruktion (II)

 

Anhang A
Der deutsche Text der Liebe und Versuchung-Gesänge (Frankfurt, Mai 1791)

Anhang B
Das erste vollstädeutsche Libretto (Prag/Donaueschingen 1791)

Anhang C
Nr. 29-31 der Prager/Augsburger Textfassung (1791/94)

Anhang D
Christoph Friedrich Bretzners gedrucktes Libretto (Leipzig 1794)

Anhang E
Die gesprochenen Teile der Wette (Hamburg 1796/1807)

Anhang F
Die Rollenheft-Texte von Charlotte und Ferdinand (Hamburg 1807 und 1812)

 

Abkürzungen

Quellen
1. Noten
2. Italienische und deutsche Libretti (hs. und Drucke)
3. Literatur

Sekundäriteratur (Auswahl)

 

Namens-und Werkverzeichnis

 

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Zusammenfassung des Inhalts

Diese Studie hat sich von der Konzeption eines Aufsatzes, als die sie geplant war, weit entfernt. Zunächst war nur daran gedacht, eine bis dahin in der Forschung nicht behandelte und wohl auch nicht bekannte Abschrift von Mozarts Oper Cosi fan tutte vorzustellen und ihre Datierung zu versuchen. Kurz darauf erhielt die Autorin die Information, daß sich im größtenteils erhaltenen und seit 1991 in Hamburg wieder zugänglichen Bestand an Aufführungsmaterialien des 1765 errichteten Comödienhauses am Gänsemarkt und des nachfolgenden Stadttheaters eine der umfangreichsten Sammlungen Wiener Singspiele außerhalb Wiens befände. Dazu gehört auch eine frühe Abschrift dieser Mozart-Oper sowie weiteres Aufführungsmaterial. Dadurch veränderte sich die ursprüngliche Fragestellung: Das reiche Hamburger Material war nicht nur philologisch überaus interessant, sondern es eröffnete die Perspektive auch auf die frühe Mozart-Opern-Aufführungspraxis. So erschien es sinnvoll, beides miteinander zu verbinden: die Datierung, Herkunftsbestimmung und eventuelle gegenseitige Relation von frühen Abschriften mit dem, was ihnen über die Aufführungspraxis dieses Werkes vor allem im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts zu entnehmen sei, die Philologie also für die deutsche Operngeschichte, genauer: die Geschichte der Aufführungspraxis in Deutschland, Österreich und Böhmen, nutzbar zu machen.
Die Motivation für dieses Sammeln, das die Interpretation des Materials nicht ausschließt, trifft sich mit dem in den letzten Jahren angewachsenen Interesse der historischen Musikwissenschaft an einem lange vernachlässigten Gebiet: dem der Opernaufführungen im deutschsprachigen Theater um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Die hier vorliegende Studie reflektiert die auf Erfahrung und soziale Praxis der Individuen gerichtete Alltagshistorie, die vor mehr als zwei Jahrzehnten zum Gegenstand der Geschichtsschreibung avancierte, eine produktive Kontroverse in der bisherigen Geschichts- wie in der Sozialwissenschaft hervorrief und mit der Blickrichtung »von unten« auch eine neue Art der Kulturgeschichte betreibt. Denn selbst wenn es hier um das Meisterwerk eines Berühmten geht, so steht gerade nicht das unantastbare Kunstwerk Cosi fan tutte im Mittelpunkt: Es geht vielmehr darum, wie der Betrieb der höfischen und der städtischen - und gelegentlich auch noch reisenden - Bühnen diese Oper für die jeweiligen Bedingungen und Zwecke zubereitete, also um das, was die lebendige und gewöhnliche Theaterpraxis der Opernaufführungen um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert im deutschen Sprachgebiet aus dem Werk gemacht hat.
Mozarts Opern waren kein unantastbares Kulturgut, sondern Teil des Musiktheaters für den Tagesgebrauch, und daß dies dem Komponisten wohlbekannt war und er sich dem anzupassen verstand, ist vielfach belegt. So stark Mozarts Bewußtsein von der Einzigartigkeit seiner Kompositionen auch gewesen sein mochte, so war er doch mit der Theaterpraxis von früh an so genau vertraut, daß die Anpassung an die jeweilige Situation für ihn ganz normal war. Wenn er im Oktober 1790 in Mannheim die Generalprobe und die Premiere seines Figaro miterlebte, so hörte er ihn nicht auf italienisch, sondern als deutsches Singspiel, und die einzige Kritik, die er an der Wiedergabe äußerte, bezog sich auf die zu langsamen Tempi, aber nicht auf die »deutsche« Einrichtung oder die vermutlich vorgenommenen Kürzungen.
 

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Gesetzt wurde dieses Buch aus der »Quadraat«, einer mit schönen Details ausgestatteten Schrift, die von dem niederländischen Schrift-Designer Fred Smeijers (1961 geboren) zwischen 1992 und 1997 gezeichnet wurde. Für die Überschriften und Bildlegenden wurde die serifenlose Version* dieser Schrift verwendet. Gedruckt wurde das Buch auf »Munken Premium Cream«, ein Werkdruckpapier** mit angenehm gelblichweißer Färbung und hohem, griffigem Volumen,*** das von der Papierfabrik Munken in Munkedals/Schweden hergestellt wird. Selbstverständlich ist dieses Papier säurefrei, holzfrei und alterungsbeständig. »Keaykolour Antik«, ein ungestrichener Naturkarton**** mit Zedernprägung, den wir für den Umschlag verwendet haben, wird von Arjo Wiggins in Stoneywood, Schottland, gefertigt.

*      Serifen: Die »Füßchen« unten und oben an den Buchstaben von Antiqua- und Egyptienne-Schriften; Linear-Antiqua und Grotesk-Schriften sind dagegen serifenlos.
**    Werkdruckpapier: Ein hochwertiges, maschinenglattes (so wie es aus der Papiermaschine kommt) oder (wie »Munken Premium Cream«) leicht satiniertes (geglättetes) und wenig geleimtes Druckpapier.
***  Papiervolumen: Das Munken-Werkdruckpapier mit einem Flächengewicht von 90g/qm hat 1,75faches Volumen, das heißt: Das Papier ist - im Vergleich zu einem Standardpapier mit demselben Flächengewicht und 1fachem Volumen - dicker, ohne schwerer zu sein.
**** Gestrichen/ungestrichen: Bei gestrichenen Papieren und Kartons wird die Oberfläche mit natürlichen Pigmenten (wie Kaolin und Kreide) sowie Bindemitteln bestrichen, die zwischen hochglanzpolierten heißen Walzen auf die Papieroberfläche aufgepreßt werden. Die Oberfläche (der »Strich«) kann matt oder glänzend sein (mit Zwischenstufen). Solche Papiere und Kartons eignen sich vor allem für brillante Farbabbildungen. Naturpapiere und -kartons sind dagegen ungestrichen. Sie können aber auch zwischen Walzen mehr oder weniger stark geglättet (satiniert) werden. Oder es werden Ihnen die verschiedensten Oberflächen eingeprägt (zum Beispiel mit Filz oder entsprechend gravierten Walzen).

 

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Rezensionen

Frankfurter Rundschau, 22. März 2008       Ostermontag ist Premiere von Mozarts »Cosi fan tutte« an der Frankfurter Oper. Auf italienisch. Dabei wurde 1791 in Frankfurt die erste deutsche »Cosi fan tutte« gegeben. Frei wie der deutsche Titel »Liebe und Versuchung« gab sich auch die Inszenierung. Die Handlung wurde an einen deutschen Küstenort verlegt, das Personal um eine Figur erweitert. Auch musikalisch. Man kann sich darüber informieren durch einen Gang in die hiesige Stadt- und Universitätsbibliothek. Dort hat sich eine Partitur dieser vom Kurfürstlichen Mainzer Nationaltheater inszenierten Aufführung erhalten.
Einfacher und klüger ist es freilich, man nimmt »Cosi fan tutte. Dramma giocoso und deutsches Singspiel« von Claudia Maurer Zenck zur Hand und lässt sich in ihrem schön geschriebenen, schön ausgestatteten Buch darüber belehren, dass eben nicht nur der Text übersetzt wurde, wenn »Cosi fan tutte« deutsch gegeben wurde. Maurer Zenck zeigt, wie mit wenigen kundigen Handgriffen die Oper einem gerade sich erst herausbildenden deutschen Kunstgeschmack angepasst wurde. Sie schildert das nicht als einen Akt anpasserischer Verarmung sondern als eine die Kreativität von Komponist, Autor, Sängern und Prinzipalen herausfordernde Bereicherung.
Apropos Bereicherung. Das Buch beginnt mit einer Einführung in die Techniken und Taktiken, mit denen Librettisten und Komponisten versuchten, sich mit mehr oder weniger Erfolg gegen Kopisten und Raubdrucker zu wehren. Man hat das Gefühl, dass wir heute nach ein paar weiteren Schraubendrehungen der Entwicklung der Reproduktionstechnologien wieder mit den gleichen Problemen konfrontiert werden. Alles ändert sich und bleibt doch das Gleiche.
Maurer Zencks Buch informiert über die Unterschiede der verschiedenen Handschriften von »Cosi fan tutte«, über deren - oft nur zu erschließende - Ursachen und Folgen. Sie tut das mit philologischer Präzision, aber auch mit dem Blick für das Werk und seine Wirkung, der die Relevanz scheinbarer Petitessen auch dem Augen des Laien verständlich macht.
Dadurch ist Maurer Zencks Buch über das »Cosi fan tutte«-Thema hinaus, aber gerade dadurch, dass es nie von ihm lässt, auch eine vergnüglich-erhellende Einführung in die Theaterpraxis um 1800. Man bekommt eine Ahnung davon, wie sehr das Theater noch darum kämpfte, eine moralische Anstalt zu werden, wenn man den Paragraphen 24 der Hamburger Theatergesetze liest: »a) Außer der Vorschrift des Verfassers darf nicht geküsst werden. b) Es darf nie geschehen, dass man ein Frauenzimmer an sich hinaufhebt und küsst. c) In keinem Falle muss ein Mann ein Frauenzimmer auf den Mund küssen. Hat der Verfasser den Kuss mit der Handlung verknüpft, so küsse man den Backen oder die Stirne. d) Der Kuss im Lustspiele zwischen Männern bei der Bewillkommnung ist unschicklich und muss vermieden werden. Nur im ernsthaften Affekte ist er zu dulden. d) Auch gibt es besondere Berührungen, die man äußerst vermeiden muss. Z.B. wenn ein Mann beim Umfassen eines Frauenzimmers der Brust zu nahe kömmt.«
1796 wurde »Cosi fan tutte« im Hamburger Theater am Gänsemarkt aufgeführt. Dank Maurer Zenck kann man sich jetzt vorstellen, wie das Spiel um Liebe, Treue und Betrug eingriff in die bestehende Ordnung. Nicht nur in die große, christliche, ganze, wie wir sie aus den Erläuterungen der Programmhefte kennen, sondern auch in die der kleinen, überschaubaren der Bühnen, auf die Mozarts Stück gebracht wurde. Claudia Maurer Zencks Buch hilft einem besser zu verstehen: Mozarts Witz, seine Spielfreude und auch seinen Ernst, seine Liebe, seine Wahrheit und seine Kunst.   Arno Widmann

Mitteilungen des Dokumentationszentrums für Librettoforschung, Nr. 16, Juni 2008       Das schön gedruckte Buch (…) stellt einen gewichtigen Beitrag zur Rezeptionsgeschichte der Opern Mozarts dar.   Albert Gier

Forum Musikbibliothek, Heft 3, 2008       (Das Buch) dokumentiert eine unabhängige, eng an neuen Quellen orientierte Art der kulturgeschichtlichen Untersuchung des Opernalltags zu Mozarts Zeiten und kurz danach. (…) Sicher nicht deswegen, aber weil schon Beethoven und andere, v.a. west- und norddeutsche Zeitgenossen Mozarts (Cosi fan tutte) als »frivol« empfanden, mußte sich das Libretto und mit ihm die Mozartsche Musik, die ihm getreu folgt oder es hintersinnig interpretiert, schon früh eine unübersehbare Zahl von Eingriffen und Bearbeitungen gefallen lassen. Maurer Zenck kann mit einer neuen, erweiterten und erstmals aus den Quellen heraus rekonstruierten und nachgewiesenen Liste solcher frühen Bearbeitungen aufwarten, welche die damalige Lage etwas übersichtlicher macht. Und sie kann (…) den Geist dieser Bearbeitungen, die im damaligen Opernbetrieb nichts Besonderes darstellten (und an denen sich Mozart oft selbst beteiligte), sehr präzise erfassen und darstellen. Es geht nämlich um die (…) unterschiedlichen Mentalitäten und Geschmäcker des höfischen, ständisch gemischten oder bürgerlichen Publikums, nach denen die Bearbeitungen und Aufführungspraktiken sich richteten. Selten konnte man damals die von Daponte und Mozart dramaturgisch und kompositorisch desavouierte Doppelmoral erkennen, die besonders die an der Wette beteiligten Männer zu betrogenen Betrügern machte. Und so führt Maurer Zenck zugleich in eine aufgeklärte Sicht der Geschlechterbeziehungen auf der Höhe der damaligen Zeit ein (…). (All dies macht) dieses exquisite bibliophile Buch nicht nur zu einer großen Belehrung, sondern auch zu einem Genuß.    Peter Sühring

Österreichische Musikzeitschrift, Heft 1, 2010       Eine fundierte, sehr lesenswerte Studie zu einem interessanten Thema.   Daniel Brandenburg

      

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